Huckler - Häusler - Huababauern
- Wörthsee vor 200 Jahren -
(Ausstellung des Arbeitskreis Heimatgeschichte im Rathaus Wörthsee vom 19.März bis 27. April* 2001)
* Auf vielfachen Wunsch der Bevölkerung wurde die Ausstellung bis zum 18. Mai verlängert

Zwischen Tradition und Aufbruch
Das Leben auf dem Land vor 200 Jahren

Die Zeit vor 200 Jahren war eine Epoche des Krieges und der politischen Neuordnung, des Umbruchs und der Reformen. Mehr als 20 Jahre, von 1793 bis 1814, dauerte die Zeit der Kriege mit Frankreich, die auch unseren Raum stark prägte - unabhängig davon, auf welcher Seite Bayern gerade stand. Besatzungen und Beschlagnahmungen gehörten zum Alltag der Menschen. Eine europaweite Agrarkrise begleitete diesen Krieg, der schließlich vor Moskau 1812 allein das Leben von über 30000 bayerischen Soldaten kostete. Am Ende standen die Auflösung des Hl. Römischen Reiches Deutscher Nation und die Souveränität des neuen Königreichs Bayern, das mit einem riesigen Schuldenberg zu kämpfen hatte und vor der Aufgabe stand, zahllose Territorien in seinen Staatsverband einzugliedern.

Überragende Persönlichkeit dieser Zeit ist Staatsminister Maximilian Josef Graf von Montgelas, der mit seinem umfassenden Reformwerk Bayern zu einem modernen, zentralistischen Staat mit einer eigenen Verfassung umformte. Armenfürsorge, Gesundheitswesen, allgemeine Schulpflicht, ein verbindliches Strafgesetzbuch, die Gleichheit aller vor dem Gesetz und das Recht auf persönliche Freiheit waren wichtige Ergebnisse dieser Reformen. Politische Mitbestimmung brachte allerdings erst die Verfassung von 1818.
In das Jahr 1818 fällt auch der Beginn der politischen Gemeinden, die das Recht auf freie Wahl der Gemeindeorgane und Selbstverwaltung erhielten.

In einem Spannungsfeld zwischen Tradition und Aufbruch lebten die Bauern und Handwerker auf dem Land, die um 1800 etwa 80 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachten.
Nur langsam begannen sich hier die mittelalterlichen Feudalstrukturen aufzulösen. Wegbereitend war dabei die Säkularisation der landständischen Klöster im Jahr 1803, mit der 50 Prozent aller bayerischen Bauern zum Grundherrschaftsverband des Staates kamen. Ab sofort hatten diese Bauern das Recht, ihre Höfe im Volleigentum zu erwerben. Sie nutzten diese Chance zunächst nur recht zögerlich. Über Jahrhunderte hinweg war der grundherrliche Verband eine Zweckgemeinschaft auf Gegenseitigkeit gewesen, die dem Untertan auch Schutz und Hilfe in Krisen und Notzeiten bot. Ein freier Bauer trug dagegen auch die Risiken des Marktes alleine.
Der Beginn der “Bauernbefreiung”, die im Jahr 1848 mit der Auflösung der Adelsgrundherrschaften in ganz Deutschland ihren Abschluß finden sollte, war damit jedoch eingeläutet.

Schon seit Ende des 18. Jahrhundert bemühten sich Staat und Grundherrn gleichermaßen, den “Produktionsfortschritt auf dem Land zu fördern. Neue Getreidesorten und Rinderrassen, Pflug- und Stallformen, eine systematische Düngung und eine verbesserte Fruchtwechselwirtschaft sollten zu umfassenden Ertragssteigerungen führen. In Altbayern hielten die neuen Gerätschaften, Anbaumethoden und Kulturpflanzen allerdings nur langsam Einzug. Fehlendes Betriebskapital - eine Folge des “verheerenden” Krieges - ließ kaum INur eines von vielen interessanten Exponaten -
Flurplan von Etterschlag um 1810nvestitionen zu, und die neuen Kulturarten waren arbeitsintensiv und nur mit zusätzlichen Lohnarbeitern oder Dienstboten zu bewältigen. So blieb die traditionelle Form der Dreifelderwirtschaft noch längere Zeit vorherrschend.
Hinzu kam, daß das reformatorisch-protestantisch geprägte Wertesystem der Aufklärung in der katholisch-barocken Welt der Bauern in Altbayern nur schwer Fuß fassen konnte und von der Obrigkeit propagierte Ziele wie Ertragssteigerungen und  Überproduktion zunächst wenig Verständnis und Akzeptanz fanden.

Nur knapp die Hälfte der Anwesen (“Huababauer”, “Bauer” oder “Hofner”) in unserem Raum besaß genug Grund und Boden, um sich ausschließlich von der Landwirtschaft zu ernähren. Die Besitzer der zahlreichen Kleinstbetriebe waren auf einen Zuerwerb als Taglöhner, Dorfhandwerker oder Händler (“Huckler”) angewiesen. Für diese “Häusler” (auch “Söldner”) barg die Zeit die Chance zur sozialen Absicherung. Höherer Arbeitsbedarf bei den Großbauern und höhere Ernteerträge auf den eigenen Äckern ermöglichten dieser Schicht, kleinere Geldbeträge anzusparen und Land zur Existenzsicherung zuzukaufen.

M. Ofer, R. Herget

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